Glyphosat ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Phosphonate. Es ist eine biologisch wirksame Hauptkomponente einiger Breitbandherbizide und wird seit über 30 Jahren weltweit zur Unkrautbekämpfung eingesetzt. Im Vergleich mit anderen Herbiziden weist Glyphosat meist eine geringere Mobilität, Lebensdauer und eine geringere Toxizität gegenüber Tieren auf. Dies sind für landwirtschaftlich verwendete Herbizide in der Regel wünschenswerte Eigenschaften. Glyphosat wirkt unselektiv gegen Pflanzen; Nutzpflanzen können mittels Gentechnik eine Resistenz gegen Glyphosat erhalten.
Verschiedene Glyphosat-Produkte unterscheiden sich in der Salzformulierung, dem Medium (Lösung oder Granulat) sowie der Wirkstoffkonzentration. Beispiele für Formulierungen sind das Glyphosat-Ammonium-Salz und das Glyphosat-Isopropylammonium-Salz.
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Glyphosat ist eine geruchlose, wasserlösliche und nicht flüchtige Substanz. Glyphosat wird als Säure und als Salz hergestellt. Glyphosat ist eine amphotere Verbindung und hat daher mehrere pKS-Werte. Wegen ihrer hohen Polarität ist die Substanz in organischen Lösungsmitteln praktisch unlöslich.
Industriell hergestelltes Glyphosat hat im Mittel einen Reinheitsgrad von 96 % Trockengewicht. Der Rest verteilt sich auf einige Nebenprodukte der Synthese. Der Anteil der Nebenprodukte liegt je unter einem Prozent.
Eine typische Glyphosat-Formulierung enthält 356 g/l Glyphosat oder 480 g/l Isopropylamin-Glyphosat sowie ein Netzmittel (zum Beispiel Talgfettaminoxethylat), um das Eindringen durch die Pflanzenoberfläche zu verbessern.
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Glyphosat blockiert das Enzym 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase (EPSPS), das zur Synthese der aromatischen Aminosäuren Phenylalanin, Tryptophan und Tyrosin über den Shikimatweg benötigt wird. Grund für die Blockade ist die chemische Ähnlichkeit von Glyphosat mit Phosphoenolpyruvat (PEP), dem regulären Substrat der EPSPS. Glyphosat ist der einzige bekannte Herbizidwirkstoff, der effektiv EPSPS blockiert.
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Bei Fütterungsstudien an Ratten wurde oral verabreichtes, radioaktiv markiertes Glyphosat mit einer Rate zwischen 15 und 36 % in den Körper aufgenommen, der Rest wurde mit dem Kot wieder ausgeschieden. Bei niedriger Dosierung wurden die höchsten prozentualen Aufnahmeraten erreicht. Aufgenommenes Glyphosat wurde zum größten Teil unmetabolisiert ausgeschieden. Etwa 10 % des verabreichten Glyphosats waren im Urin nachweisbar, weniger als 0,3 % tauchten als CO2 in der Atemluft auf, der größte Teil wurde mit dem Kot abgegeben.
Fütterungsstudien an Kaninchen, Milchziegen und Hühnern zeigten eine vergleichbare Aufnahmerate und entsprechende Glyphosatgehalte in Geweben sowie in Milch und Eiern.
Glyphosat wird auch über die Haut aufgenommen. Aufgebracht als Roundup-Lösung kann sie beim Menschen bei einer Einwirkzeit von 16 Stunden 2 % erreichen.
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Glyphosat wirkt durch Verzögerung einer am Zellzyklus beteiligten Cyclin-abhängigen Kinase auf den Zellteilungsprozess bei Seeigelembryonen. Ein Einatmen von Glyphosat bei der Ausbringung wird daher nicht empfohlen.
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Glyphosat schädigt laut einer Studie von Gilles-Éric Séralini menschliche Plazentazellen in Zellkulturen in Dosen, die weit niedriger sind als Konzentrationen im landwirtschaftlichen Einsatz. Der Effekt erhöht sich mit der Konzentration und der Zeit. Des Weiteren stört Glyphosat in denselben Zellkulturen das Enzym Aromatase, welches für die Östrogen-Synthese zuständig ist. Hilfsstoffe in kommerziell erhältlichen Formulierungen erhöhen dabei die Bioverfügbarkeit und Bioakkumulation.
Gemäß einer 2010 publizierten Studie steht Glyphosat nach Auswertung von Versuchen an Mäusen im Verdacht, eine Hautkrebs fördernde (promovierende) Wirkung zu haben.
In einer argentinischen Studie unter Leitung von Andres Carrasco wurde gezeigt, dass Glyphosat-basierte Herbizide (GBH) in ausreichender Konzentration Neuralleistendefekte und Kraniofaziale Fehlbildungen beim Krallenfrosch und bei Hühnerembryonen verursachen können. Die Studie beschreibt eine Übereinstimmung bei den unter Laborbedingungen festgestellten Missbildungen mit Missbildungen bei Menschen, die während der Schwangerschaft Glyphosat ausgesetzt waren.
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In einer 2013 durchgeführten In-Vitro-Studie wurde festgestellt, dass Glyphosat wie ein endokriner Disruptor wirken kann. Als endokrine Disruptoren, auch Xenohormone oder Umwelthormone, werden Stoffe bezeichnet, die wie Hormone wirken und so das Gleichgewicht des Hormonsystems von Tier und Mensch stören können. Glyphosat stellt demnach einen Risikofaktor bei hormonabhängigem Brustkrebs beim Menschen dar, indem es wuchernde Wirkungen nur bei Hormon-abhängigen menschlichen T47D-Brustkrebs-Zellen, jedoch nicht bei Hormon-unabhängigem Brustkrebs mit MDA-MB231 Zellen hervorbrachte. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen also, dass niedrige und umweltrelevante Konzentrationen von Glyphosat östrogene Aktivität hervorrufen.
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Eine Übersichtsarbeit des MIT Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory stellte Vermutungen an, dass eine Blockierung des Enzyms Cytochrom P450 durch Glyphosat die Darmflora beschädigen kann. Dies sei in Kombination mit der westlichen Ernährungsweise problematisch und ein Paradebeispiel für die Störung der Homöostase durch ein Umweltgift.
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Bei Bodenbakterien sind die Nitrifikation und die Hydrolyse von Harnstoff die gegenüber Glyphosat empfindlichsten Prozesse, sie werden bei Konzentrationen von mehr als 5 mg a.e./kg Boden gehemmt. Glyphosat erhöht den Befall mit Wurzelpilzen (Fusarium) und behindert die Ansammlung von Knöllchenbakterien.
Eine Studie kam zum Ergebnis, dass Glyphosat das radiale Wachstum dreier ausgewählter Mykorrhizapilze beeinträchtigte. Pflanzen, die auf Mykorrhiza angewiesen sind, besitzen eine besondere Empfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff Glyphosat. Festgestellt wurde dies beispielsweise für die Familie der Rosengewächse und darunter explizit für die Gattung Sorbus.
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EU
In der EU und 27 Mitgliedsstaaten ist die Anwendung von Glyphosat zugelassen. Die Erlaubte Tagesdosis (ADI) beträgt 0,3 und die Annehmbare Anwenderexposition 0,2 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag.
Die aktuelle EU-Zulassung wurde 2002 erteilt und läuft 2015 aus. Im Rahmen der routinemäßigen Überprüfung der Genehmigung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen hat das BfR die gesundheitliche Risikobewertung im Dezember 2013 abgeschlossen. Die Analyse von zahlreichen neuen Dokumenten ergab keine Hinweise auf eine krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung durch Glyphosat bei Versuchtstieren. Sie gaben keinen Anlass, die gesundheitlichen Grenzwerte wesentlich zu verändern.
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Verbraucherschutz
Untersuchungen zur Risikowahrnehmung machen deutlich, dass Pflanzenschutzmittelrückstände bei Obst und Gemüse sowie Getreide von den Verbrauchern in Süd- und Mitteleuropa als gefährlich eingeschätzt werden. Bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln wird daher nach dem ALARA-Prinzip (As Low As Reasonably Achievable) vorgegangen. Die Rückstandshöchstmengen von Glyphosat werden vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gerade so hoch angesetzt wie für die Anwendung nötig um auch bei noch unbekannten Gefahren das Risiko für Verbraucher zu minimieren. Ein Inverkehrbringen von Lebensmitteln oberhalb der gesetzlich festgelegten Höchstmengen ist verboten. Eine Überschreitung bedeutet jedoch nicht automatisch eine Gefahr für die Lebensmittelsicherheit, da die Grenzwerte aus Sicherheitsgründen unterhalb von toxikologisch bedenklichen Dosen angesetzt werden. In Deutschland wird die Einhaltung von Grenzwerten bei Glyphosatrückständen in Nahrungsmitteln durch die behördliche Lebensmittelüberwachung kontrolliert. Von bundesweit 1112 untersuchten Proben im Jahr 2011 waren 1066 (95,86 %) frei von Rückständen. Von den 4,13 % Proben, in denen die Messwerte oberhalb der Nachweisgrenze lagen, wurden ca. drei Viertel aufgrund von Rückständen oberhalb des Höchstgehaltes beanstandet.
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Strafurteile wegen wissenschaftlichen Betrugs
In zwei Fällen hat die amerikanische Umweltbehörde EPA Labors der bewussten Fälschung von Testergebnissen überführt, die unter anderem von Monsanto mit Glyphosatstudien beauftragt waren. Das Justizministerium schloss 1978 die Industrial Biotest Laboratories (IBT Labs), die Geschäftsführung wurde 1983 unter anderem der Fälschung von Aussagen und der Fälschung wissenschaftlicher Daten, die der Regierung vorgelegt wurden für schuldig befunden. Im Jahr 1991 wurden der Eigentümer von Craven Laboratories und einige Mitarbeiter wegen 20 ähnlicher schwerer Straftaten angeklagt und verurteilt. Monsanto erklärte, dass die betroffenen Studien wiederholt wurden und sich die EPA-Zertifizierung von Roundup nun nicht mehr auf Studien der Craven Labs oder IBT Labs stütze.
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Quelle: Seite „Glyphosat“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 12. Dezember 2013, 21:32 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Glyphosat (Abgerufen: 15. Januar 2014, 19:34 UTC)